Einmal Abstand nehmen
H. Papenhoff
(1985)
(Talking
Blues)
Ich
dachte, ich müsste was anderes machen
und
packte auch schon meine Sachen,
nachdem
ich bei Tjärburgmann gebucht.
Ich
hatte nicht lange ein Ziel gesucht.
Das
Wichtigste war mir eigentlich,
ein
Land zu finden, in dem ich mich
von
allem Ärger erholen könnte,
indem
ich mir dort Ruhe gönnte.
Den
ganzen Stress in dem Büro,
die
Vorgesetzten sowieso,
Telefon,
Akten, Kaffeetassen
wollte
ich endlich hinter mir lassen.
Und
auch von all den Anverwandten,
von
meinen Freunden und Bekannten,
von
aller Hektik, Kneipenszenen,
wollte
ich einmal Abstand nehmen.
Nun sind wir hier oben, fliegen geschwind,
wir, die wir ohne Flügel sind,
in einem Koloss aus Stahl vereint,
während der Adler im Fluge zu stehen scheint.
Das Geräusch der Turbinen, Wolkenfetzen,
die - wir scheinen zu stehen - am Fenster lang hetzen.
Es türmen sich in der Ferne wie Zwerge
oder auch Riesen die Wolkenberge.
Plötzlich sind Wolkenberge ganz nah,
so nah, wie ich sie nie vorher sah.
Ich wollte, vielleicht könnt ihr das verstehn,
am liebsten auf ihnen spazieren gehn,
mich an sie schmiegen und sie umfassen
und mich von ihnen umschmeicheln lassen.
Vergessend all die Unbill im Leben
möchte ich immer mit ihnen
schweben.
Aus meinen Gedanken - fast ahnte ich es -
reißt mich die Stimme der Stewardess.
Ich solle, so sagt sie auf englisch soeben,
mich anschnallen und das Rauchen aufgeben. -
Dann sind wir unten. Ein Rucken. Ein Dröhnen.
Flügel schwanken. Die Bremsen stöhnen.
Und schon umfängt mich Realität,
die da ist, auch wenn man ins Träumen gerät:
Überfüllte Cafés. Am Strand Leiberketten
und Blick auf Hotelhochhaussilhouetten.
Lärmende Autos. Menschenmengen,
die sich vor Souvenirläden drängen:
Die Hektik des Lebens holt mich wieder ein,
von der ich hoffte, entflohen zu sein. -
Und Ruhe, Entspannung - Geheimtipps beim Buchen -
werde ich hier wohl vergeblich suchen.